Bundestagswahlkampf – nächster Anlauf für die Gemeinnützigkeit von Freifunk.


Der Bundestag (von Wolfgang Pehlemann, Lizenz: CC-BY-SA v. 3.0)

 

Nordrhein-Westfalen und Thüringen haben einen Gesetzentwurf für die Gemeinnützigkeit von Freifunk entwickelt. Der Bundesrat hat ihn verabschiedet. Aber der Bundestag hat den Vorstoß inhaltlich seit März 2017 nicht diskutiert. Im federführenden Finanzausschuss war der Vorschlag am 28. Juni auf der Tagesordnung, aber passiert ist nichts. Laut Heise blockierte die Unionsfraktion.

Damit ist dieser Gesetzentwurf tot. Ohne inhaltliche Beratung, ohne Debatte und ohne die Betroffenen zu Wort kommen zu lassen.

Die Folgen
Die Verweigerung der Gemeinnützigkeit hat für die ehrenamtliche Arbeit gravierende negative Folgen:

  • Weniger Spenden. Freifunk betreibt Infrastruktur für die Gemeinschaft und Infrastruktur kostet fortlaufend Geld. Deshalb sind alle Vereine auch auf Spenden von Bürgern und Unternehmen angewiesen. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit sehen viele Spender als eine Aussage über die Qualität der Arbeit.
  • Weniger Zuwendungen. Viele Stiftungen setzen bei Förderanträgen für Projekte die Gemeinnützigkeit voraus. Diese Wege bleiben uns Freifunkern verschlossen.
  • Weniger Kooperationspartner. Freifunker brauchen funktechnisch gut gelegene Standorte, um Richtfunkstrecken zu installieren. Eigentümer von Immobilien, insbesondere öffentliche, kooperieren bereitwilliger mit als gemeinnützig anerkannten Organisationen.

Was wir jetzt tun können
Der Bundestagswahlkampf im Sommer ist eine gute Gelegenheit, die aktuellen Abgeordneten im Finanzausschuss und die Kandidaten in allen Wahlkreisen mit aktiven Freifunkern daran zu erinnern, was Freifunker leisten und was Freifunkern wichtig ist. Fragt nach!

1. Die Abgeordneten im Finanzausschuss an ihre Verantwortung erinnern
Diese Probleme hätte der Finanzausschuss lösen können. Er hätte den Gesetzentwurf des Bundesrates noch in dieser Legislatur zur Abstimmung bringen können. Das ist nicht geschehen. Warum eigentlich nicht? An wem lag es? Zumindest eine inhaltliche Auseinandersetzung mit unseren Aktivitäten und dem Gemeinnützigkeitsrecht hätten wir uns im Finanzausschuss erhofft. Da die dort blockiert wurde, fragen wir nun bei den Abgeordneten nach, über Abgeordnetenwatch (hier z.B. bei Abgeordneten aus NRW im Finanz-Ausschuss /**Anmerkung: Abgeordnetenwatch hat offenbar am Freitag das CMS umgestellt und Teile der Daten (noch?) nicht migriert – unsere Fragen sind weg, Antworten auch. Wir aktualisieren hier, sobald das wieder funktioniert.**/).

Unsere Botschaft: Das geht nicht unter, da schaut jemand zu, da fragt jemand nach. Auf den Seiten des Bundestags könnt ihr sehen, welche Abgeordneten im Finanzausschuss des jetzigen Bundestags sitzen. Wenn jemand aus eurer Region dort ist, schreibt Ihnen (Kontakte), erzählt von eurem Engagement vor Ort – und vielleicht wollt ihr ja eine Einführung in den Freifunk vor Ort anbieten? Das haben als Freifunk Rheinland bei den Ausschussmitgliedern aus NRW gemacht (hier unser Text).

2. Die Kandidaten vor Ort für Freifunk und Gemeinnützigkeit sensibilisieren

Der Wahlkampf für die nächste Bundestagswahl beginnt gerade. Eine gute Gelegenheit, um über die Kandidatensuche hier Kandidaten vor Ort anzusprechen. Was leisten die ehrenamtliche Freifunker vor Ort? Warum sollte Freifunk als gemeinnützig anerkannt werden? Ein paar Anregungen:

  • Zivilgesellschaftliches Engagement stärken: Die Vision von Freifunk ist die Verbreitung freier Netzwerke, die Demokratisierung der Kommunikationsmedien und die Förderung lokaler Sozialstrukturen. Vernetzung ist für Freifunker nicht nur eine technische, sondern ebenso eine soziale Idee – wenn etwa Bewohner eines Hauses oder einer Nachbarschaft sich zusammentun, um gemeinsam ein neues Netz einzurichten.
  • Sozialen Zusammenhalt stärken: Durch die Vernetzung ganzer Stadtteile wollen wir der digitalen Spaltung entgegenwirken und freie, unabhängige Netzwerkstrukturen aufbauen. Wir bringen Funknetze dorthin, wo sie gebraucht werden, es aber an Geld, Zeit oder technischem Vermögen fehlt und ermöglichen es Menschen, einen Teil ihrer Bandbreite zu teilen.
  • Vermittlung digitaler Kompetenzen: Wir helfen Bürgern durch Bildung, technische Unterstützung und Entwicklung dabei, freie Daten-Funknetze aufbauen, die auch Zugang zum Internet bieten.
  • Forschung und Entwicklung unter freien Lizenzen für die Allgemeinheit: Viele Freifunker treibt das Experimentieren und Lernen mit der Technik an. Unsere Software und Netzwerkinfrastruktur sind einzigartig, weil Freiwillige vermaschte Netze mit Zehntausenden Clients aufbauen. All diese Innovationen stehen unter offenen der Allgemeinheit zur Verfügung.

Angesichts dieses Engagements sehen wir die Argumentation „Unternehmen bauen ausreichend Infrastruktur auf“, wie sie das Finanzministerium äußert, als Zeichen von Unkenntnis.

Freifunker betreiben Infrastruktur, die zivilgesellschaftliches Engagement aktiviert, Kompetenzen stärkt, sozialen Zusammenhalt fördert und Innovationen hervorbringt. Die Tafeln sind nicht sinnlos, weil es Bäckereien gibt. Heimatforschungsvereine sind nicht sinnlos, weil Bücher über Heimatgeschichte existieren. Kleingartenvereine sind nicht sinnlos, weil Gartencenter Blumen verkaufen. Genauso verhält es sich mit Freifunk und kommerziellen Internetanbietern. Wir wollen etwas Anderes schaffen: Nicht Produkte für Kunden, sondern Gemeinschaftsnetze für die Gesellschaft.